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Pfarrer und Revolutionär der Landwirtschaft
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Die Lehre des Kupferzeller Pfarrers und Landwirtschaftsreformers Johann Friedrich Mayer revolutionierte im 18. Jahrhundert die bäuerliche Welt in Hohenlohe. Das Wirken des Pfarrers als „Lehrer des Volkes“ und Agrarreformer stellte Rudolf Kammerer in einem reich bebilderten Vortrag vor, zu dem der Bezirksarbeitskreises Hohenlohe des Evangelischen Bauernwerks und die Pfarrer J. F. Mayer-Gesellschaft in das Gemeindehaus nach Pfedelbach eingeladen hatten.
Einflussreicher Agrarreformer und Volkslehrer
Mit seinen fortschrittlichen Bewirtschaftungsmethoden gehört Johann Friedrich Mayer zu den einflussreichsten Agrarreformern des ausgehenden 18. Jahrhunderts und Wegbereiter einer verbesserten Landwirtschaft
Der aus Herbsthausen stammende Pfarrer Mayer war von 1745 bis zu seinem Tod im Jahr 1798 evangelischer Gemeindepfarrer in Kupferzell. Dort wurden seine 15 Kinder geboren. Allerdings erreichten nur acht seine Nachkommen das Erwachsenenalter. Mayer war sozial engagiert und ein Förderer der Bildung. Die damaligen Lehrer waren schlecht ausgebildet. Mayer war es deshalb wichtig, dass bereits in der Schule naturwissenschaftliche Themen behandelt werden.
Er war auch ein spätberufener „Vielschreiber“. Pfarrer Mayer verfasste 37 Bücher, die sich überwiegend mit Themen der Landwirtschaft befassten, lediglich zwei seiner Werke widmeten sich der Theologie. Mayer stand in engem Kontakt und Austausch mit der „Ökonomischen Gesellschaft“ zu Bern, der ersten Gesellschaft Europas, die sich mit der Bildung und Entwicklung der Landwirtschaft befasst hat. Mit der als Preisschrift ausgezeichneten „Lehre vom Gyps“ durch die Berner Gesellschaft begann Mayer seine schriftstellerische Arbeit erst im Jahr 1768. Er wurde Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. Selbst Österreichs Kaiserin Maria Theresia wollte Pfarrer Mayer als Berater an ihrem Hof haben. Doch dieser hielt seinen Gemeindemitgliedern in Kupferzell über 53 Jahre hinweg die Treue.
Zahlreiche Verbesserungen für Ackerbau und Viehzucht
Wie in jeder Pfarrei zur damaligen Zeit besaß der Pfarrer ein eigenes Stück Land. Mayer bewirtschaftete seine Felder selbst, machte Versuche mit neuen Pflanzen und besorgte sich deren Samen von weit her. Neugierig und oft auch argwöhnisch wurden seine Anbauversuche von den benachbarten Bauern beäugt. Außer der Einführung der Gipsdüngung war die Empfehlung zum breitflächigen Leguminosen-Anbau auf der bis dahin üblichen Brache eine der wichtigsten Errungenschaften von Pfarrer Mayer. Er schlug den Bauern vor, ihre Brachflächen mit Klee zu bepflanzen. Dadurch gewannen sie zusätzliches Viehfutter für die Stallhaltung des Viehs. Der verstärkte Anfall von Mist diente als Dünger auf den Äckern. Dank Mayers Vorschlägen nahm die Viehzucht in Hohenlohe zu. Das Schlachtvieh wurde unter der Bezeichnung bœuf de Hohenlohe bis nach Paris getrieben und verkauft.
Dass sich Kartoffeln auch für den menschlichen Verzehr eignen, davon konnte Pfarrer Mayer die Bauern in Hohenlohe ebenfalls überzeugen. Die Erdäpfel wurden zunächst nur als Futter für das Vieh angebaut. Auch die Einführung der Futterrübe und der Mostobstanbau in der Region gehen auf Pfarrer Mayer zurück.
Zu den bedeutendsten Schriften Mayers gehörte das Lehrbuch für die Land- und Haußwirthe (1773). Darin empfiehlt er den Bauern das zweistöckiges Wohn-Stall-Haus. Die Wärme des Stalls im Erdgeschoss heizte die darüberliegenden Wohnräume mit. Von den später unter dem Namen Pfarrer-Mayer-Haus bekannten Bautyp sind heute noch etwa 500 Gebäude im Hohenloher Land und Umgebung zu finden, wie Kammerer in einem Video zeigte.

Mit Bildern, Videos und Kalenderblätter brachte Rudolf Kammerer den Besuchern seine Vortrags die Ideen und das Lebenswerk von Pfarrer Mayer nahe.
Nach Rudolf Kammerer Worten, würdigte die Gemeinde Kupferzell das Wirken von Pfarrer Mayers, der weit über die Grenzen Hohenlohes großes Ansehen genoss. Seit 1997 trägt die Schule von Kupferzell den Namen von Johann Friedrich Mayer. An dieser Schule unterrichtete auch Kammerer zunächst als Lehrer und anschließen als Schulleiter. Zur Erinnerung an die Verdienste Pfarrer Mayers für die Entwicklung der Landwirtschaft und zur Pflege und Bewahrung der Kenntnis über sein Lebenswerks wurde am 8. Dezember 2014 die Pfarrer Johann Friedrich Mayer Gesellschaft zu Kupferzell e. V. gegründet. Im Verein engagierte sich Rudolf Kammerer unter anderem beim Aufbau der Internetseiten und als künstlerischer Gestalter der Pfarrer Mayer Comic-Kalender (2020 bis 2024). Darin ist das Schaffen Mayers als monatlicher Comic mit Sprechblasen in Hohenloher Mundart dargestellt. Mit lockeren Sprüchen auf Hohenlohisch wird eine Brücke von den Anliegen des vor rund 250 Jahren zu heute geschlagen. Anhand der Kalenderblätter und -sprüche führte Kammerer durch seinen Vortrag und regte damit die rund 35 Besucher auch immer wieder zum Schmunzeln an.
Ein Blatt im Kalender zeigt zum Bauern, die Mayer bei seinen Anbauversuchen beobachten und miteinander tuscheln: „Immer wenn derr Pfarrer sich als Bauer vergleided, probiert err ebbes Neis aus.“ Ein anderes Blatt zeigt Mayer mit seiner Frau im Kinderzimmer des Pfarrhauses: „Befohr mir uns ohwähds ins Bedd leichä, zeilhä mir unser Borsch.“

