Volker Barth – Der Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel berichtet

Volker Barth, 1952-2007

Vokker Barth 1999

Vortrag anlässlich der Feierstunde zum 200. Todestag von Pfarrer Mayer, gehalten am 22.03.1998 im evangelischen Gemeindehaus Kupferzell

 

 

Mayer-Kopf

Sehr geehrter Herr Pfarrer,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren.
Wir gedenken heute einer sehr bemerkenswerten Persönlichkeit, welche in der Gemeinde Kupferzell sehr viel bewegt hat. Sogar über Landes und Staatsgrenzen hinaus hat Johann Friedrich Mayer, Pfarrer zu Kupferzell, manche Denkanstöße, vor allem bezüglich der Landwirtschaft gegeben. Manches ist bereits in letzter Zeit über ihn gesprochen worden, vor allem aus naturwissenschaftlicher und theologischer Sicht.

Ich möchte heute den Versuch unternehmen, ihn als Mensch und Kind seiner Zeit zu beschreiben.

Zunächst möchte ich mich bei Ihnen, Herr Pfarrer, bedanken für die Einladung zu dieser heutigen Feierstunde. Kommt sie wohl doch nicht von ungefähr. Denn beim Seniorennachmittag am 29. Januar diesen Jahres hat Herr Kaiser einiges aus dem Leben von Pfarrer Mayer berichtet. Mein Vater war auch anwesend und so kam die Sprache, dass Pfarrer Mayer eigentlich der berühmteste Vorfahr unserer Familie ist.

So will ich es heute gern übernehmen, einiges zur Persönlichkeit meines Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters zu berichten. (also 5 mal Ur!). Zunächst einige Erläuterungen zur „Ahnengalerie“:
Eine Tochter von Pfarrer Mayer, Elisabeth Magdalena, hat geheiratet den Johann Georg Glenk, Salinendirektor in Weißbach und Fürstl. Hohenlohischen Hofrat. Deren Tochter Johanna heiratete Karl Christian August Hahn, ebenfalls Fürstl. Hohenlohischer Hofrat und Kämpfer gegen Napoleon in der Schlacht von Jena 1806. Deren beider Sohn war Friedrich Adolf Hahn, Domäneninspektor beim Grafen von Rehberg. Dessen Tochter Charlotte wiederum heiratete Emil Kurtz aus Ellwangen, der im Jahre 1880 den Schafhof bei Kupferzell kaufte. Dessen Tochter Alice vermählte sich mit Rudolf Barth, welcher mein Großvater war. Ich hoffe, die Anwesenden konnten meinen Ausführungen bis hierher folgen. Die Familiengeschichte folgt hier eher mütterlichen Linien. Was heutzutage im Zeitalter der Gleichberechtigung wohl nichts Negatives mehr zu bedeuten hat.

Wie komme ich nun dazu, Ihnen, verehrte Anwesende, so manches Insiderwissen über die Persönlichkeit Johann Friedrich Mayers vermitteln zu können? In meiner Familie hat es zu allen Zeiten immer wieder jemanden gegeben, der alte Dokumente und Erzählungen aufgeschrieben hat, um diese der Nachwelt überliefern zu können. Sehr eifrig war hierin meine Urgroßmutter Julie Kurtz (2. Frau von Emil Kurtz).
Die folgenden Ausführungen lehnen sich also sehr stark an ihre „Recherchen“ an.

Ein Eintrag im Kirchenbuch von Kupferzell 1745, von Pfarrer Mayer selbst geschrieben, lautet folgendermaßen: Ich, Johann Friedrich Mayer, Pfarrer dahier bin geboren zu Herbsthausen 1719 den 21. September. meine Ehefrau Anna Charlotte Hirschmann zu Bergbronn, 2 Stunden über Crailsheim 1723 den 4. April. Wir wurden den 18. Juli 1741 zu Bergbronn privatim in meines Schwiegervaters Haus copuliert. Ich war von da an Pfarrer in Riedbach bis 1745 und den 24. März dieses Jahres trat ich das hiesige Pfarramt an.
Im Jahre 1780 schreibt er wieder ins Kirchenbuch die Namen seiner 13 (!) Kinder, wovon allerdings 4 nicht älter als ein halbes Jahr wurden. Mayers Nachfolger im Amt berichtet, daß er 64 Enkel und einen Urenkel erleben durfte.

Der Vater von Pfarrer Mayer war Johann Friedrich Mayer, Besitzer des Gasthauses „Zum Schwanen“ in Herbsthausen, an der sog. Kaiserstraße von Frankfurt nach Augsburg gelegen. Da der Gasthof zum Schwan ein großes und ehemals herrschaftliches Gebäude war, mit schönem Portal und steinener breiter Vortreppe, große Räumlichkeiten für Fuhrleute und Reisende hatte, so kehrten diese gern dort ein. So hatte Mayer bereits als Kind Kontakt zur „großen weiten Welt“.

Sein Vater wurde einmal schwer krank und wurde auch überraschend schnell wieder gesund. Er sah dies als göttliche Fügung an und bestimmte daher den Sohn zum Dienst an der Kirche. Dieser wurde dann als Kind auch mehrmals auf wunderbare Weise aus Gefahr errettet. Als Wickelkind hatte ihn einst seine Mutter in einer Sommernacht an die Brust gelegt und da sie schlaftrunken war, legte sie ihn, statt in die Wiege zurück, zum Fenster hinaus, wo er auf den Zweigen eines unten stehenden Baumes liegen blieb. Mayer selbst erzählt die Geschichte in seiner Lebensbeschreibung.
Mit 3 Jahren fiel er einmal von der steinernen Treppe vor dem Haus herab auf die Straße. Dies geschah gerade in dem Augenblick, als ein großer Reisewagen mit vier Pferden bespannt, vorüber fuhr. Pferde und Wagen gingen über ihn hinweg, ohne dass er verletzt wurde. Der Reisende war über die Rettung des Knaben so erfreut, dass er einen Beutel mit 200 Gulden in Gold und Silber ihm zuwarf.

Der Knabe Johann Friedrich war auch ein Nachtwandler. Er stieg manchmal nachts auf das Dach des Hauses und wandelte dort zum Schrecken der Eltern und Großeltern auf dem First hin und her. Mit der Zeit verlor sich jedoch diese krankhafte Gewohnheit.
Mayers Urenkel Georg Wilhelm Heinrich Mayer, Kirchenrat und Pfarrer in Edenkoben (Pfalz) beschreibet 1899 in der Sonntagsbeilage der „Pfälzischen Presse“ auch folgende Begebenheit: Im Alter von 11 Jahren brachten ihn (Red.:den jungen J. F. Mayer) seine Eltern nach Weikersheim. Dort wohnte er bei seinem Onkel und besuchte die Lateinschule. Auch hier wurde er mal wieder aus großer Lebensgefahr errettet. Er wollte hoch oben am Schalloch eines Kirchturmes ein Spatzennest ausnehmen und fiel oder besser flog dank seines Mantels so geschickt herab, dass er unverletzt unten landete.

Außerdem soll Mayer ein rotes Muttermal in Form eines Kreuzes auf der Brust gehabt haben.
Mit 14 Jahren kam Mayer aufs Gymnasium nach Öhringen, mit 17 Jahren begann er das Studium der Theologie in Jena, weil dort streng lutherisch gelehrt wurde. Er schreibt selbst: „auf der Akademie lernte ich die Weltweisheit….bei allem suchte ich mit Begierde das Warum einzusehen“.

So ein Studium musste damals wie heute auch finanziert werden. Der wohlhabende Onkel in Weikersheim steuerte einiges bei. Außerdem kam auch hier Mayer das Glück oder die Vorsehung, wie man es nennen will, zu Hilfe. Der junge Student begann, schon damals im Lotto zu spielen und gewann mehrfach hintereinander mit den gleichen Zahlen. So konnte er sich 300 Gulden auszahlen lassen. Für die damalige Zeit eine gewaltige Summe, die ihm half, 3 Jahre Theologiestudium zu finanzieren. Hier also eine sehr deutliche Verquickung von sehr weltlichen Ereignissen mit kirchlichen Zwecken.

Ein weiterer Grund, der ihn letztlich zum Dienst an der Kirche ermunterte, war wohl seine wundersame „Errettung“ vom Militärdienst.

Es gibt folgende Geschichte: Im letzten Semester seine Studiums ging er nach Halle. Gern wäre er dort länger geblieben, aber sein Vater erkrankte bedenklich und wünschte seine Heimkehr. Mit wenig Geld trat er zu Ostern 1740 die Heimreise an. Er wanderte durch Thüringen und Franken in Richtung Hohenlohe. In einem Dorf bei Rothenburg o. T. wollte er noch einmal übernachten. Dabei traf er im Wirtshaus einen Werbeoffizier der preussischen Armee, der ihn mit freundlichen Reden und recht viel Bier und Wein dazu brachte, sich als Soldatin der preussischen Armee anwerben zu lassen. Noch in derselben Nacht wurde er nach Ansbach gebracht. Als Rekrut bereute er seinen Leichtsinn bitter und glaubte nun, seine eigentlich geplante Laufbahn sei zu Ende.
Bei einer Truppenbesichtigung wurde sein Hauptmann, ein Mitglied der Fürstlich-hohenlohischen Familie, auf ihn aufmerksam. Der unglückliche Rekrut Mayer konnte ihm sein Missgeschick mitteilen, worauf der Hauptmann innerhalb kürzester Zeit seine Entlassung aus dem Militärdienst veranlasste. Außerdem konnte er dem jungen Mayer die Pfarrei Riedbach im hohenlohischen Fürstentum Bartenstein vermitteln. Als 21- jähriger neuernannter Pfarrer konnte er nun zu seinem Vater zurückkehren, welcher bald darauf starb.

Mayer selbst stand jetzt ganz unter dem Eindruck: ,,Der Herr hat Großes an mir getan
Jetzt ergab sich aber ein neues Problem. Die Pfarrei Riedbach hatte Erträge nur aus Pfarrgütern. Diese konnte er aber nicht allein bewirtschaften, dazu war zumindest eine Lebensgefährtin notwendig. Da blieb für ihn nur die Witwe des verstorbenen Pfarrers (26-jährig), die er heiratete. Sie besaß Haus- und Ökonömiegeräte und hatte auch eine gute Figur.
Leider aber war sie dem Alkohol ergeben und vernachlässigte alles. Es war daher für ihn eine gute Fügung, dass sie nach einem Jahr starb.

Seine zweite Frau, Anna Charlotte Hirschmann, heiratete er am I8. Juli 1741. Mit ihr begann eine glückliche Ehe. Vier Jahre lebten sie noch in Riedbach. Ein Sohn und eine Tochter wurden dort geboren.

Im Jahre 1744 wurde Mayer für kurze Zeit nach Sindringen am Kocher versetzt. Dies geschah auf Veranlassung des Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein. Er sollte dort den Streit zwischen der katholischen Herrschaft Bartenstein und dem evangelischen-lutherischen Konsistorium schlichten. Es ging um die Festlegung des Termins für das Osterfest. In die Geschichte als „Osterstreit“ oder „Osterkrieg“ eingegangen. Natürlich hatte Pfarrer Mayer als Beauftragter des katholischen Fürsten einen schweren Stand im evangelischen Sindringen. Man misstraute ihm, besuchte keinen seiner Gottesdienste, und versuchte, ihm alles mögliche Schlechte anzuhängen.

So soll er sich unter anderem einer ledigen Weibsperson in der Weise genähert haben, dass einer seiner Hemdenknöpfe in deren Schnürbrust hängen blieb …….. Die Geschichte lässt die Frage offen, wer nun wirklich dabei die Initiative ergriff. Jedenfalls fand eine Untersuchung gegen ihn statt, die ihm nichts Nachteiliges nachweisen konnte. Sogar das Reichskammergericht in Wetzlar und auch der Reichstag in Regensburg beschäftigen sich mit seinem Fall.

Scheune_Schafhof_600

Phantasiebild zum Thema …. Darstellungen sind nicht belegt.

Nach einem harten halben Jahr in Sindringen wurde er am 24. März 1745 nach Kupferzelt versetzt, wo er die Pfarrei 53 Jahre bis zu seinem Tod betreute. In seiner Frau hatte er zu jeder Zeit eine kluge und bedächtige Beraterin.
Als Vertreter der Aufklärung hatte Mayer seine, eigene Vorstellung von einem erfüllten Leben. So gibt es folgende Zitate von ihm: ,,Auf der Akademie lernte ich die Weltweisheit …. bei allem suchte ich mit Begierde das Warum einzusehen.“ Oder: ,,Ein Prediger leistet in seinem Amt kein vollkommenes Genüge, wenn er nicht neben dem, dass er seine Gemeinde zum Besitz ewiger Seligkeit hinführet, sie, auch zeitliche Glückseligkeit zu besitzen, unablässig bearbeitet ……. “

Von daher muss man auch seine Bemühungen um die Landwirtschaft verstehen. Im Folgenden stichwortartig zur Übersicht seine wichtigsten Neuerungen, die er teils unter großem Widerstand verschiedenster Leute einführte.
1. Das Düngen der Wiesen mit Gips bzw. Mergel. Daher sein Beinname „Gipsapostel“.
2. Anbau und Ertragssteigerung der Futterpflanzen Klee, Luzerne und Esparsette, speziell als Bepflanzung der bisherigen Brachflächen.
3 Einführung der Stallfütterung des Viehs mit dem Erfolg wesentlich, höherer Mastergebnisse als vorher.
4. Einführung des Kartoffelbaues.
5. Anregungen zur Architektur landwirtschaftlicher Gebäude und deren Einrichtungen und vieles mehr.
6. Beratung seiner Hohenlohe-Waldenburg-SchillingsfürstlichentIichen Herrschaft in Bezug auf Wirtschaftlichkeit ihrer Domänen.

An dieser Stelle kann ich wieder Bezug nehmen auf die Geschichte des Schafhofes, weicher damals noch nicht im Besitz unserer Familie war. Dennoch lag er bereits Pfarrer Mayer sehr am Herzen. Ich zitiere hier den Archivar Schumm aus Neuenstein:“ Vor allem weist Maver immer daraufhin, dass verpachtete oder in Verwaltung der Herrschaft stehende Güter sich nie rentieren. Bei allen Berechnungen hieß es: Null von Null geht auf“. Der Schafhof gehörte der Herrschaft, war auch Fronhof. Die Bauern mussten dort zeitweise unentgeltlich arbeiten. Der Hof brachte auf diese Weise keine Gewinne. So wurde auf Anraten Mayers dieser Hof an Privat verkauft, wie auch manche Güter im Umkreis, z.B. auch Hohebuch. Die neuen Eigentümer wirtschafteten nun in ihre eigene Tasche und die Herrschaft konnte befriedigende Steuern und Abgaben kassieren. Im Übrigen vertrat Mayer die Ansicht, dass die herrschaftlichen Schafhöfe besser ackerbaulich genutzt werden sollten. Es gab zu der Zeit immer mehr Ärger zwischen den herrschaftlichen Schäfern und den Bauern, weil die Schäfer oftmals ihre Tiere an Plätzen weiden ließen, wo sie absolut unerwünscht waren.
Außerdem wurde auf dem Schafhof auch die Verarbeitung der neu eingeführten Kartoffel erprobt. Mayer konstruierte einen Erdbirnreiber, einen Erdbirndrucker und eine Erdbirnmühle. Letztere wurde sogar mit einem Wasserrad betrieben. Der neue Besitzer des Schafhofes ging auf seine Ideen bereitwillig ein und erbaute sogar ein Maschinenhaus. Zitat: „Darinnen war eine Getreidemahlmühle, eine Erdbirnmühle, eine Häckerlings- oder Strohbank ….. alle diese Werker werden entweder zusammen oder jedes besonder von einem Rinde getreten und in Bewegung gesetzt. Das Rind geht im ersten Stock des Gebäudes auf einer Scheibe (Tretrad) und im zweiten Stock arbeiten dadurch jene Maschinen.“ Diese Anlage existiert heute natürlich nicht mehr, ich habe auch keine Vorstellung, wo auf dem Hof sie einmal war. Aber der Kartoffelanbau wurde auf dem Schafhof noch weitere 150 Jahre fortgeführt.

Pfarrer Mayer förderte ab etwa 1750 ebenfalls die Pflanzung von Mostbirnen. Er kritisiert zunächst den übermäßigen Weinbau an „dafür völlig ungeeigneten Orten. ,,Denn dieser saure Wein bringt kein Geld ein, wird im Land als ein unnötiges Getränk ausgesoffen, verderbt viele an Vermögen und Gesundheit.“
Der Weinbau geht Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Dafür kommt der Obstbau speziell der Mostobstbau. Denn der Wein konnte ja nicht einfach ersatzlos gestrichen werden.

Kurz zu Kupferzell selbst zu Mayers Zeit: Man zählte 1793 1588 Seelen in 311 Haushalten (in der gesamten Kirchengemeinde). Mayer selbst schreibt über die Kupferzelter: „Der religiös-sittliche Zustand war im ganzen ziemlich gut“. Nur mit dem Schulwesen war er gar nicht zufrieden. Besonders die Lehrer waren überhaupt nicht ausgebildet. Es waren meist Lakaien der Hofcavaliere, Präsidenten oder Räte an Konsistorien. Mayer stiftete (mit Konsens seiner Gattin) 300 Gulden zur Verbesserung der Schule. Eine hohe Summe für damalige bzw. pfarrherrliche Verhältnisse.
Das Pfarrhaus selbst befand sich zu seiner Zeit nordwestlich der Kirche an der Kirchgasse. Es steht heute noch. Ein großer Garten gehörte dazu. Außerdem gab es einige Wiesen in der Umgegend. Die Erträge aller Güter betrugen etwa 1300 Gulden pro Jahr, vor etwa hundert Jahren bewertet: 4000 Reichsmark.

Mayer war seiner Zeit voraus, erkannte die Missstände, die die unteren Klassen bedrückten und wirkte sozial zu seiner Zeit, in der dieser Begriff noch gar nicht bekannt war. Er sorgte neben der geistlichen Förderung auch sehr für die irdische Förderung seiner Gemeindeglieder.

Er kaufte sich zusätzlich ein Stück Land von 6 Morgen Größe westlich des Friedhofs von Kupferzell (zur heutigen B 19 hin) und erprobte dort alle seine Erkenntnisse selbst. So auch den Kartoffelanbau. Dieser wurde in Kupferzell anfangs sehr misstrauisch beäugt und abgelehnt. Mayer kannte jedoch seine Schäfchen und konnte daher beobachten, dass im ersten Anbaujahr auf seinem noch nicht ganz gereiften Kartoffelacker plötzlich immer mehr Pflanzen fehlten.
Die Neugier war also doch so groß, dass nächtliche Diebe sicher auch manches Magendrücken (durch noch grüne Kartoffeln) in Kauf nehmen mussten. Aber Erfahrungen wurden gesammelt und Mayer ließ daraufhin in seinen Sonntagspredigten schmunzelnd durchblicken, dass Kartoffeln erst essbar seien, wenn das Laub verwelkt und die Knollen eine braune Farbe angenommen hätten. So war er immer um das Wohl seiner Gemeinde bemüht.
Dies nur als ein Beispiel für das vielseitige Wirken.

Mayers Liebe zum Hohenloher Land, besonders zum Kupferzeller Land, lässt sich meines Erachtens am besten durch folgendes Zitat verdeutlichen: Als er einmal seinen Blick über die Ebene schweifen ließ, bemerkte er folgendes: „Von überall her sahen kleine Weiler, einzelne Bauernhöfe, das ganze Land ist von ersteren wie durchsät .., ein jeder Weiler von etlichen Bauernhöfen und ein jeder einzelne Hof siehet durch sie umgebenden Bauerngärten einem Lustwäldchen ähnlich, über welchem die weiß getünchten Bauernhäuser froh, voll stillvergnügten Landleuten bewohnt, herfürragen. Glückselige Sterbliche! Wie selig von dem berauschenden Getümmel der Städte entfernt, beim mütterlichen Herde gesättigt, vom süßen Moste des Birnbaums getränkt“.

Pfarrer Mayer lebte mit seiner Familie stets vorbildlich. Zitat seines Urenkels: „Er gab seiner Gemeinde im schönen Zusammenwirken mit seiner Gattin ein leuchtendes Vorbild von Eintracht, Fleiß und Einfachheit und erfolgreicher Kinderzucht an seinen 5 Söhnen und 3 Töchtern, die alle wohlgerieten“. Mayers Haus war stets gastfrei. Jeder war willkommen, wurde freigebig bewirtet und mit freundlicher Ansprache unterhalten. Es fanden sich daher viele in- und ausländische Besucher ein, um sich von ihm Rat zu holen. Mayer konnte dabei einerseits sehr weltmännisch auftreten, andererseits ließ er auch immer einen christlich-religiösen Ton durchdringen.

Wie er auch außerhalb seines engeren Wirkungskreises geschätzt wurde, kann man aus seinen verschiedenen Titeln ersehen. Diese lauten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
1. Fürstlich-Hohenlohischer und Waldenburg-Schillingsfürstlicher Pfarrer
2. Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften, der Kunst, der Landwirtschaft in Steiermark und Kärnten, (die Kaiserin Maria Theresia schätzte seinen Rat)
3. dto. der königl.-großbritannischen und kurfürstlichlich Braunschweig-Lüneburgischen zu Celle
4. der königl.-preussischen zu Frankfurt
5. der kurfürstlich-bayrischen zu Altötting
6. der schweizerischen zu Bern.
7. Gerade jetzt habe ich in unseren alten Unterlagen einen Brief eines „Spions“ entdeckt, der vermutlich an einen Kronanwärter von Frankreich adressiert ist. Darin wird von einem Briefwechsel Pfarrer Mayers mit dem Prälat von Sagan (Stadt in Polen) gesprochen. Dieser Prälat schätzt ihn sehr hoch.

Mayer selbst sagt: „Ich genoss die Ehre, ein Mitglied von 9 verschiedenen Akademien und angesehenen Societäten zu sein“. Es bleibt die Frage offen, wer ihm während seiner vermutlich häufigen Reisen in Kupferzell vertreten hat.

Mein Vortrag ist überschrieben mit „Erinnerungen an Johann Friedrich Mayer“. Ich habe versucht, verschiedene Begebenheiten in seiner Jugend- und Anfangszeit als Anlass für seine Berufung als umfassender F ü r s o r g e r (nicht nur Seelsorger) für s e i n e Gemeinde Kupferzell darzustellen. Er erwies sich in allen seinen Tätigkeiten jedenfalls als großer Menschenfreund. Mayer starb nach 17-tägigem Krankenlager am 17. März I798 und wurde am 19. März an der von ihm selbst bezeichneten Stelle beerdigt. Die Leichenpredigt hielt Pfarrer Kraft aus Döttingen über den von Mayer selbst gewählten Text Galater 6, Vers 14: „Es sei aber ferne von mir Rühmen, denn allein von dem Kreuz Christi“. 

Es erscheint schwierig, Mayers Menschensicht in kurzen Worten zusammenzufassen. Ich will es als Abschluss meines Vortrages dennoch versuchen, indem ich ihn selbst nochmals zu Wort kommen lasse. Er schreibt in seinen ,,Fragen und Antworten über die Gegenstände der Landwirtschaft“ folgendes über seine Sicht der Menschen:
„Der Umgang mit tugendsamen Lebenden ist Himmel auf Erden; wo aber trifft man je ihre Gesellschaft, ohne von Lasterhaften untermischt zu sein, an? ………. Die beste und sicherste Auswahl macht man unter Toten und Abwesenden; man kann da wählen, wen man will, und wegweisen, wen man nicht will. Ehe man sich mit ihnen recht menget, kann man sich wieder aus ihren Kreisen entfernen“.

Dieses Zitat gilt heute wie damals.

V. Barth
Ergänzung:
Volker Barth bewirtschaftete bis zu seinem Tod im Jahre 2007 den Schafhof in Kupferzell. Neben Ackerbau unterhielt er Legebatterien für Hühnereier. Im eigenen Hofladen wurden die landwirtschaftlichen Produkte angeboten. Volker Barth war Mitglied in mehreren Vereinen, Vorsitzender des Elternbeirates der Kupferzeller Schule und von 1994-2004 Mitglied des Gemeinderates von Kupferzell.

– Dieser Vortrag wurde von Fritz Rehm an den Verein übergeben.  Herzlichen Dank dafür. 

– Änderungen am Text wurden lediglich im Bereich der neuen Rechtschreibung an einzelnen Wörtern vorgenommen.